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Kiel backstage: Gesundheitsklinik

In dieser Kolumne berichtet uns Zauberer Jan Martensen (Leiter des Kinderzauberclubs De Twiel, Gründungsmitglied des Grusellabyrinths, gewählter Lieblingskieler, Vegetarier seit 1994, im echten Leben Lehrer für Deutsch, Geschichte und Theater) über seine Ansichten auf unsere Stadt, die er durch seine vielfältigen Projekte erhält. Eben Kiel backstage, Kiel „hinter der Bühne“.

Kiel backstage: Gesundheitsklinik

Moin!

Als ich das vergangene Jahr Revue passieren ließ, fiel mir etwas auf. Die Auftritte mit den lustigsten Momenten waren nicht unbedingt die auf großen Feiern oder Events, sondern eigentlich jene in der – für einen Zauberer – sonderbarsten Umgebung. Ich spreche von Rehakliniken, namentlich von zweien in Damp und Sankt Peter-Ording, wo ich seit vielen Jahren regelmäßig zaubern darf.

Auf den ersten Blick ist eine Klinik ja eigentlich alles andere als ein idealer Auftrittsort: Im Fokus steht nicht die Unterhaltung – und wahrscheinlich ist fast kein Zuschauer freiwillig dort. Oder sagen wir es so: Das Publikum wird sich sicher diverse andere Orte wünschen, an denen es lieber wäre. Die Seychellen zum Beispiel. Aber nützt ja nix.

Bei meinem ersten Auftritt in Damp, es muss vor über 10 Jahren gewesen sein, war ich wahnsinnig nervös. Wie würden die zum Teil schwer kranken Menschen auf den Konfettiwerfer und seine Gags reagieren? Man hatte mir (wie ich heute weiß: pädagogisch wertvoll) vorher schon mitgeteilt, dass es sehr gut sein könne, dass Zuschauer mittendrin einfach aufstünden und gingen, dabei solle ich mir um Himmels Willen nichts denken. Doch das sagt sich leichter als es sich eben nicht denkt. Man weiß ja nicht, ob jemand geht, weil er meine Schwammballtricks hasst – oder eben, weil er wirklich schlimme Rückenschmerzen hat.

Was soll ich sagen, die erste Show lief toll und ich muss heute etwas kleinlaut zugeben, dass alle Ängste völlig unberechtigt waren. Die Klinikgäste waren von Anfang an dankbar für etwas Ablenkung und Lachen am Abend und machten es mir mit ihrer Wertschätzung unglaublich leicht.  Beeindruckt haben mich auch viele Gespräche mit Patienten während und nach der Show, ich bewundere Menschen, die trotz angeschlagener Gesundheit sehr viel Empathie besitzen, augenzwinkernd selbstironisch sind oder schlicht anderen ein gutes Gefühl geben wollen. Einmal – ich schwöre, dass die Geschichte stimmt! – gab ich eine Schere zum Untersuchen ins Publikum. Der ältere Herr nahm sie, schrie sehr laut auf und beschuldigte mich, dass ich drei seiner Finger weggezaubert hätte. Parallel dazu reckt er seine linke Hand in die Höhe, an der wirklich Finger fehlten. Kurz bevor ich mich zu Ende erschrocken hatte, sagt eine Dame von hinten links: „Keine Panik, den Gag macht er bei allen Frischlingen!“. Wir haben alle sehr gelacht.

Zusammengefasst verdanke ich den Auftritten in Rehakliniken nicht nur die Freundschaft zu tollen Künstlerkollegen (in Damp habe ich zum Beispiel den wunderbaren Erasmus Stein kennen gelernt), sondern wie eingangs erwähnt die lustigsten Momente des letzten Jahres. Ich freue mich auf die kommenden Shows dort und habe die Schere bereits eingepackt. So haben ja alle irgendwie etwas davon.