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Kiel backstage: Heißhunger

In dieser Kolumne berichtet uns Zauberer Jan Martensen (Leiter des Kinderzauberclubs De Twiel, Gründungsmitglied des Grusellabyrinths, gewählter Lieblingskieler, seit über 20 Jahren Vegetarier, im echten Leben Lehrer für Deutsch, Geschichte und Theater) über seine Ansichten auf unsere Stadt, die er durch seine vielfältigen Projekte erhält. Eben Kiel backstage, Kiel „hinter der Bühne“.

Kiel backstage: Heißhunger

Moin!

Wenn ich in einem Landgasthof oder Kieler Restaurant auftrete, bietet mir jemand aus dem Service in der Regel etwas zu trinken an und sorgt dafür, dass ich mich in Ruhe auf die Show vorbereiten kann. Im Gegenzug störe ich den gastronomischen Ablauf nicht und bin ausgesucht höflich zu allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. In den meisten Verträgen bei größeren Engagements steht jedoch: „Der Veranstalter sorgt am Abend des Auftritts für die Verpflegung des Künstlers.“ – das ist nett! Aber können Sie etwas essen, wenn Sie aufgeregt sind? Oder angespannt? Oder voller Vorfreude? Viele werden nun mit einem beherzten „NEIN!“ antworten. Uns Künstlern geht es meist nicht anders. Nachgewiesenermaßen verliert ein Bühnenkünstler Gewicht während seiner Tätigkeit, zum Beispiel durch Schwitzen oder die viele Bewegung. Und das führt unweigerlich zum berühmt-berüchtigten Künstlerhunger, allerdings eben erst um 23 Uhr. Genau deswegen sind jene Veranstalter besonders beliebt, die das Verpflegungsangebot nicht nur im Vertrag haben, sondern sich um’s Catering hinter der Bühne auch wirklich kümmern. Und, was soll ich sagen, es geht wirklich „von-bis“, es gibt also durchaus sehr liebevolle und vollwertige Kleinbuffets und Obstplatten. Aber auch schrabbelige Plastikkörbe mit 4 Snickers, 2 Mars und (kein Scherz!) mehreren Leckmuscheln. Für eine 80er-Party im Freibad sicherlich „nice to have“. Aber hier, auf dem Tag der offenen Tür hinter einer Rigipswand? Gut, ich bin ja nicht zum Jammern engagiert, lassen Sie uns daher schnell noch auf drei meiner kulinarischen Highlights blicken. Ich für meinen Teil liebe erstens Theaterkantinen: künstlerfreundliche Öffnungszeiten und angemessene Portionen. Obendrauf ist es dann übrigens auch manchmal ziemlich lustig, wenn Leonora, die eben noch auf der Opernbühne ihre Liebe zum Troubadour Manrico gestand, am Nachbartisch ihre zweite Ochsenschwanzsuppe isst. Um 23 Uhr. Künstlerhunger und so.

Meine Freundin Gaby Löwel verleiht an jeden, der feiern möchte, Mobiliar und ihr Fachwissen. Sie gehört mit Sicherheit zu den empathischsten Geschäftspartnern, die man als Künstler haben kann, denn sie denkt von der Planung bis nach der Durchführung an unsere Bedürfnisse. Also keine Leckmuscheln, sondern heißes Essen zu später Stunde und liebevolle Betreuung zwischendurch.

Und drittens: Hotel Neeth, in welchem ich mit meinem wunderbaren Kollegen Tonga jahrelang zu Silvester auftrat, schoss regelmäßig den Vogel ab. In meinem Fall den aus Tofu. Und: Der Koch hatte sich sogar über alle Jahre gemerkt, was ich mag (Gemüse an sich, Saucen an sich) und was nicht (Rotkohl an sich).

Sie müssen es mir nun (als neue Mitwisser) versprechen: Achten Sie bei der nächsten Festlichkeit mal darauf, wann das Team isst. Also der Service, der DJ, die Künstler. Im Gegenzug würde ich Sie jetzt nicht beim Weiterlesen stören und wäre ausgesucht höflich.