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Kiel backstage: Scherzkeks

In dieser Kolumne berichtet uns Zauberer Jan Martensen (Leiter des Kinderzauberclubs De Twiel, Gründungsmitglied des Grusellabyrinths, gewählter Lieblingskieler, seit über 20 Jahren Vegetarier, im echten Leben Lehrer für Deutsch, Geschichte und Theater) über seine Ansichten auf unsere Stadt, die er durch seine vielfältigen Projekte erhält. Eben Kiel backstage, Kiel „hinter der Bühne“.

Kiel backstage: Scherzkeks

Moin!

Haben Sie den Monatswechsel gut überstanden? Ich frage, weil der 1. April ja sehr gerne als Anlass genommen wird, kleine Scherze zu machen. Oder große. Auf jeden Fall soll der Empfänger „in den April geschickt“ werden, also auf etwas reinfallen oder veralbert werden. Manchmal geht sowas daneben, manchmal spricht man noch 10 Jahre später im Freundeskreis über den „Tag, an dem Jörg sich mit Mayonnaise die Zähne geputzt hat“.

In Künstlerkreisen muss man nicht das ganze Jahr auf Anfang April hin fiebern, wir haben eine deutlich schnellere Taktung: die Dernièren. Dieser Begriff meint die letzten Aufführungen von Inszenierungen – und wann, wenn nicht während solch einer Veranstaltung, sollte man seinen Kollegen kleine Streiche spielen?

Ich habe mit Absicht sehr viele letzte Vorstellungen besucht, immer in der Hoffnung, etwas zu entdecken, das nicht im eigentlichen Drehbuch stand. In den letzten 20 Jahren feierte ich große Erfolge auf dieser Suche: Graf Krolock brachte die roten Steifel in einer Aldi-Tüte, der mystische Mentalmagier kam zu Schnappis Krokodilsmusik auf die Bühne und ein Moderator las vom Teleprompter aus Versehen ein Pizzarezept vor.

Als Moderator verschiedener Dinnerzirkusproduktionen beobachtete ich jeweils mit verzücktem Gesicht, wie der Bauchredner einem scheinbar wildgewordenen Lichtspot Herr werden wollte oder die Kellner sich gegenseitig versuchten zu versichern, dass der Herr an Tisch 3 heißen Filterkaffee mit Eiswürfeln (aber nur zwei!) wünschte. Mir haben sie (ernsthaft!) mal den Zauberkoffer mit Panzerklebeband verschlossen. Der Trick lief dann, sagen wir, eher mittel. Aber es war toll.

Im Grusellabyrinth hatten wir sogar einen extra eingerichteten Tag für besonders verrückte Aktionen. Meine Erzfeindin Lady Fortescue wurde mitten in der Show von einem Polizisten der Falkwache verhaftet, ein hutzeliges Waldwesen forderte von mir lautstark seine Barbie zurück und eine Kollegin entschied sich, die ganze Show auf Chinesisch zu spielen. Na ja, wer kann, der kann.

Da es ein ungeschriebenes Gesetz ist, dass die Gäste und Zuschauer sich auf keine Fall schlechter unterhalten fühlen dürfen als an anderen Tagen, kann ich Ihnen getrost raten: Besuchen Sie nicht nur Premieren, sondern eben auch Dernièren. Und die alte Regel „Wenn der Techniker lacht, war der Gag neu“? Wird hier ergänzt durch: „…oder er der Täter!“.